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Zum Streit in der Union über die künftige Flüchtlingspolitik

2017-daldrup-mitte

Bernhard Daldrup

1. Wir erleben ein beispielloses Schauspiel persönlicher Feindschaft, Begleichen alter Rechnungen und Eitelkeiten zwischen Angela Merkel und Horst Seehofer, betrieben vom Bayern.
2. Dabei ist die Debatte um Veränderungen der Flüchtlingsaufnahme, insbesondere an der Deutsch-Österreichischen Grenze nur ein Anlass, der das tiefgreifende Zerwürfnis zu Tage fördert. Es ist skandalös, dass dieses Zerwürfnis auf dem Rücken einer kleinen Zahl von Flüchtlingen, die bereits in einem anderen EU-Land einen Asylantrag gestellt haben, ausgetragen wird. 

3. Auf die betroffenen Menschen, auf die Asylbewerber, kommt in dieser Auseinandersetzung aber gar nicht an. Sie sind nur das Symbol einer Politik, die nicht von den Grundwerten des Grundgesetzes, sondern von Chauvinismus und Populismus getragen wird. Darin findet sich das ausschlaggebende Motiv vor dem Hintergrund der bayerischen Landtagswahl für Horst Seehofer und die CSU. Aber der Streit reicht auch tief in die CDU-Fraktion hinein.
4. Das Kernproblem offenbart, dass auf CDU/CSU gegenwärtig kein Verlass ist, beide Parteien und die Fraktionsgemeinschaft nicht zuverlässig sind. Deshalb ist absehbar, dass nach diesem Thema in erkennbarem Zeitraum ein neuer Vorwand gesucht wird, um den Streit fortzutragen. Die CSU hat offenbar erfolgreich ihr Erpressungspotential gegenüber der Kanzlerin zur Geltung gebracht. Seehofers Kommentar zur Bedeutung der Richtlinienkompetenz und Personalhoheit der Kanzlerin dokumentiert, dass das Credo „Merkel muss weg" in vergleichbarer Art und Weise bei AfD und CSU gilt.
5. In der Sache muss klar sein, dass das „Neue Grenzregime", das im gemeinsamen Papier angekündigt wird, Verwaltungsabkommen mit anderen betroffenen europäischen Ländern voraussetzt, die zum gegenwärtigen Zeitpunkt gar nicht vorliegen. Die in der kurzen Vereinbarung von CDU und CSU angesprochenen Transitzentren sind als offenkundige Provokation gegenüber der SPD eingeführt worden, weil die SPD die Einrichtung von Transitzentren in der Hochphase der Flüchtlingszuwanderung nach Deutschland abgelehnt hat. Zum damaligen Zeitpunkt wären davon zigtausende Flüchtlinge betroffen.
6. Überdies setzen die 3 Punkte, auf die sich CDU und CSU geeinigt haben, europäische, mindestens aber bilaterale Vereinbarungen zwischen Deutschland und Österreich voraus, um eine Zurückweisung an der Deutsch-Österreichischen Grenze überhaupt zu ermöglichen. (Über Grenzübertritte nach Deutschland aus anderen EU-Ländern wird offenbar gar nicht gesprochen.)
7. Die SPD hat sich mit den Festlegungen im Koalitionsvertrag und der Veröffentlichung des 5-Punkte-Plans ihre Haltung zur Flüchtlingspolitik mit Realismus und ohne Ressentiments in Verantwortung für Deutschland und Europa beschrieben. Der Bundesinnenminister ist aufgefordert, seine Kernaufgaben, die sich aus den Verabredungen des Koalitions­vertrages ergeben, konsequent umzusetzen. Dies gilt beispielsweise für die Durch­setzung beschlossener Abschiebungen, insbesondere von sogenannten Gefährdern oder straffällig gewordenen Flüchtlingen. Seehofer muss liefern, nicht fordern. 

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